Werkschau – Trotz alledem – Malen im Lockdown
Erschienen am 11. September 2021 in der Schwäbischen Zeitung Riedlingen:
Von „Tristesse“ bis „Lichtblick“ – Kunstkreismitglieder zeigen in einer Werkschau Bilder aus dem Lockdown
Coronabedingt verknüpft der Kunstkreis ’84 Riedlingen in diesem Jahr seine Sommer-Werkschau mit seiner Mitgliederversammlung und lädt dazu auf Samstag, 11. September, 16 Uhr, ins Kaplaneihaus ein. „Trotz alledem – Malen im Lockdown“ ist die Ausstellung überschrieben. Elf Malerinnen und drei Maler beteiligen sich daran. Jeder ist anders mit dem Thema umgegangen, wählte zurückhaltende Farben in der Zeit der Zurückgezogenheit, andere begegneten ihr mit einem wahren Farbenrausch. Linoldrucke, wie jene vom Unlinger Reiter, erinnern an das gemeinsame Projekt des jour fixe, als man sich mit dem Drucken befasste.
Barbara Bulander, die zusammen mit Lore Sigrist den Malerkreis leitet, hat sich ganz bewusst mit dem Thema Lockdown auseinandergesetzt, Gedichtbände gewälzt und passende Verse für die aktuell schwierige Zeit gefunden, von Morgenstern oder Ringelnatz, der schrieb, was sich derzeit jeder erhofft: „Nur eine Weile muss vergehn; dann ist auch dieses überstanden. Dann wird mit hell euch zugewandten Augen das Neue vor euch stehn“. Schrift und Bild war ein Thema vor zwei Jahren, das sie für die aktuelle Ausstellung aufgriff, brachte in Acryl die aktuelle Stimmung auf Papier, mit Segelschiffen oder auch Mondansichten passend zu den ausgewählten Gedichten, die sie mit einer Bambusfeder in die Bilder komponiert hat.
Beim Hängen der Bilder wird sie von weiteren Kunstkreis-Mitgliedern unterstützt, die Auskunft zu ihren Bildern geben.
Die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus‘ will Christa von Bischopinck in einem ihrer beiden Bilder ausdrücken, auf dem es sogar selber mit seinen gefährlichen Stacheln auftaucht. „Tristesse“ nennt sie ihr zweites ausgestelltes Werk, ein Winterbild, auf dem sich ein Mensch in weiter Ferne zu verlieren droht in seiner Einsamkeit.
„Bruchstücke“ hat Marlene Fechner die beiden sehr leicht wirkenden Bilder getauft, die bei der Ausstellung als zusammengehörig hängen. Einen Lockdown will sie darin nicht interpretiert sehen, doch hat sie ihn genutzt, um sich ihren Wunsch zu erfüllen, abstrakt zu malen.
Peter Günther dagegen hat für seine großformatigen Bilder „Riedlinger Gesichter“ gewählt, Vergangenheit und Gegenwart hat er in Gebäuden eingefangen, wie dem Mühltörle oder dem neuen Hallenbad. Er arbeitet überwiegend mit Acryl, Kreide und Strukturpaste. Zehn bis zwölf Schichten trägt er dabei auf. Zusammengehörigkeit will er in seinem zweiten Bild verdeutlichen, in dem er die Frage aufwirft: 5 vor 12 oder 5 nach 12?
Dr. Berhold Müller hat die gläserne Zwischenwand mit Vitrine im Flur der Ausstellungsräume im Kaplaneihaus mit einer Glasinstallation ausgestattet, die er „Lichtblicke“ nennt, „weil sie zum einen durch das durchscheinende Licht leuchten, zum anderen, um während der Pandemie auch einen Lichtblick durch die Bilder für andere Menschen zu ermöglichen“. In einem Bild, in dem er sogar Sand aus Marokko verarbeitet hat, zeigt er Menschen in verschiedenen Stimmungslagen. Ein weiteres hat er als dreidimensionales Werk mit Wachs, Holzstäbchen und farbigen Flächen konzipiert. „Das Wachs, das von einer Kerze stammt, drückt die Veränderung in eine neue Form aus. Die sich überkreuzenden Stäbchen verstehe ich als Netzwerk von Beziehungen, ohne dass die menschliche Gemeinschaft nicht existieren kann“.
Er wird als Kunstkreisvorsitzender am Samstag nach der Mitgliederversammlung eine kleine Einführung in die Ausstellung geben, die unter Einhaltung der Corona-Regeln danach besichtigt werden kann.
Außer den Genannten sind noch Werke zu sehen von Ruth Diuba, Christa Enderle, Karin Gerster, Rotraut Klar, Martina Oster, Ricki Scopes, Elke Stietzel, Christiane Treiber und Borislav Schultheiss.
Die Werkschau im Kaplaneihaus kann außer bei der Vernissage bis 26. September freitags und samstags von 15 bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr angesehen werden.